Veröffentlicht: 25.04.2022

Theaterspiel der 12. Klasse in Uraufführung

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Wer seine Welt aus einer anderer Perspektive sehen will, steige auf seinen Tisch! Wer bei dieser Aufforderung an den Film "Der Club der toten Dichter" denkt, liegt richtig. Die 12. Klasse der Freien Waldorfschule Hildesheim hat die Bühnen-Fassung von Steffen Kasper, angelehnt an den Film aus den 1990er Jahren, Ende März 2022 in einer Uraufführung mitreißend dargeboten.

Kasper lässt die Handlung in der Klosterschule Saalburg spielen. Wie im Film kommen dort in den 1950er Jahren veraltete pädagogische Methoden zur Anwendung. So werden den Jungen überkommene Werte wie Standesbewusstsein und Härte vermittelt. Mit dem Lehrer Julius Kirschbaum zieht ein neuer Geist in den Unterricht. Er bringt den Schülern durch poetische Texte die vielfältigen Möglichkeiten des Lebens näher und eröffnet ihnen damit neue Perspektiven. Die Zeilen von Shakespeare, Goethe oder Heinrich Heine inspirieren die jungen Männer und machen ihnen Mut, sich auch selbst künstlerisch auszuprobieren. Dass dies nicht ohne Widerspruch durch eine von Kriegstraumata gezeichneten Gesellschaft bleibt, ist vorhersehbar: Ein Schüler sieht angesichts der Weigerung seines Vaters, ihm den Zugang zur Schauspielerei zu gewähren, keinen anderen Ausweg als den Freitod. Die Mitschüler sind entsetzt und verstört, zollen aber in der berührenden Schlussszene mit ihrem von den Tischen gerufenen "Lehrmeister, mein Lehrmeister!" dem entlassenen Lehrer Kirschbaum ihren Respekt. Sie zeigen damit, dass sie zwar ihren schulischen Zwängen nicht entkommen können, ihnen aber bewusst ist, dass ihnen mit Kunst und Poesie wichtige Bausteine für eine intellektuelle und emotionale Entwicklung zur Verfügung gestellt wurden. Ein Stoff, wie gemacht für Waldorfschulen, in denen die Entfaltung der Persönlichkeit mit künstlerischen Mitteln ein wichtiges Anliegen ist.

Die 12. Klasse hat trotz etlicher Hindernisse 3 Wochen lang geprobt, das Bühnenbild erstellt, Kostüme geschneidert und die vielen Szenen einstudiert. Herausgekommen ist eine Aufführung, die den Vergleich mit dem Film nicht zu scheuen braucht. Die Verlagerung der Szenerie vom amerikanische Elitecollage in den Osten von Nachkriegsdeutschland ist stimmig und mit dem historischen Bezüge gehaltvoll. Die Rollen sind phantastisch besetzt und werden von den Schülerinnen und Schüler beeindruckend gespielt. Die verschiedenen Charaktere der Darzustellenden waren durchweg perfekt herausgearbeitet und rissen die Zuschauerinnen und Zuschauer emotional mit. Jede kleine Nebenrolle wurde sehr exakt gespielt. Die Kostüme, das Bühnenbild und die Lichttechnik erzeugten ein sehr beeindruckendes Gesamtbild. Der Leitspruch, Carpe diem - nutze den Tag, wurde selten so leidenschaftlich auf die Bühne gebracht. 

Claudia Genttner und Jens de Hair, Lehrerin und Lehrer der 12. Klasse, hatten sich nach der letzten Aufführung eine Überraschung für die Klasse ausgedacht: Mit einer professionellen Sound- und Lichtanlage wurden sie in der Sporthalle der Schule empfangen. Bis in den frühen Morgen feierte die Klasse ihren fulminanten Abschluss der Theaterepoche.

Heike Brümmer

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